Weihnachtsbrief  2004

 

Auf dem Hof, wo wir wohnen, ist es Tradition, dass zu Weihnachten ein Weihnachtsbrief verschickt wird an alle Freunde und Verwandten in dem berichtet wird, was das Jahr über so passiert ist. Diese Idee habe ich dieses Jahr aufgegriffen und schreibe Euch nun allen einen Weihnachtsbrief.

Also, wie Ihr seht, befinden wir uns noch in Norwegen, nun genau seit 2 Jahren und 6 Monaten. Dieses Jahr war sehr spannend für uns, da wir uns nach intensivem „in uns gehen“ entschieden haben, hier in Hovd vestre ein Haus zu bauen. Wir haben uns in diese Ecke nun mal richtig verliebt, sind hier richtig gut integriert (so gut es eben geht in einer verstreuten Landgemeinde) und fühlen uns superwohl. Wir haben sehr nette und hilfsbereite Nachbarn um uns herum. Hier gibt es noch einen richtigen sozialen Zusammenhalt, was nicht heißt, dass wir nicht immer die „Zugereisten“ bleiben werden. Aber damit können wir gut leben. Es ist hier auch so richtig provinziell, aber das ist eben so auf dem Lande. Das wussten wir vorher und das ist auch kein Problem für uns. Mit der Abgeschiedenheit kommen wir gut klar und das sehen wir  sogar als positive Seite. Wir fahren eben 30 bzw. 34 km ehe wir auf Arbeit sind und shoppen ist eben höchstens einmal im Monat oder seltener aktuell. Alles was wir zum Leben brauchen, kriegen wir an unseren jeweiligen Arbeitsorten. Man muss halt eine andere Vorratswirtschaft betreiben als in Berlin.

Das Ganze hat auch mit Wertvorstellungen zu tun und das Leben hier oben kommt unseren Wertvorstellungen – d.h. was ist wichtig für uns im Leben und wie zufrieden ist man im täglichen Leben – sehr viel näher als unser Leben, dass wir in Deutschland geführt haben oder führen mussten.

Wir machen sehr viel selbst, aber das hat auch mit unseren Hobbys zu tun. Wir backen Brot und Brötchen selbst, machen Leberwurst, Jagdwurst, Bratwurst selbst, aber nur in größeren Abständen. Verarbeiten unsere Treibhausernte zu Pesto und Pizzasoße. Kochen Marmelade, Saft und Gelee und machen regelmäßig selbst Quark, Joghurt und Frischkäse in verschiedenen Geschmacksrichtungen. Den Frischkäse verkaufen wir und werden ihn auch reißend los, da sich das inzwischen rumgesprochen hat. Knut und ich sind beide Mitglied im Hobbyverein hier in der Gemeinde. Dort kann ich auch meine Postkarten, die ich aus meinen vielen Natur- und Landschaftsfotos mache, verkaufen.

Zur Zeit besuche ich einen Webkurs – aber meine Brötchen werde ich damit wohl nie verdienen. Es hat mich nur mal interessiert und nun weiß ich auch, warum handgewebte Decken so teuer sind!

Neben unseren Hobbys müssen wir aber auch noch arbeiten und Geld verdienen (apropos verdienen – Die Löhne hier in Norwegen entsprechen den Lebenshaltungskosten und wir sind sehr zufrieden!)

Knut arbeitet immer noch in der Leimholzfabrik. Er ist inzwischen Maschinenführer an einer Leimholzstraße, arbeitet im 2-Schicht-System und hat eine unbefristete Vollzeitfestanstellung.

Ende letzten Jahres habe ich hier in Norwegen meine Altenpflegeausbildung autorisiert bekommen und kann jetzt hier als Fachkraft arbeiten und bekomme auch danach bezahlt. Ich arbeite in der Nachbargemeinde im Altersheim in der Rehabilitationsabteilung in einer unbefristeten Teilzeitfestanstellung. Zusätzlich arbeite ich als Springer und komme damit auf so viele Stunden, wie ich will. Außerdem mache ich mobile Massagen, d.h. ich fahre in unserer Gegend zu den Leuten nach hause und mach Rücken- und Fußzonenmassagen.

Nun zum Hausprojekt!

Das Grundstück, was wir uns zum Bauen ausgesucht haben, war natürlich kein Baugrundstück und so mussten wir recht stur und hartnäckig einen Antrag stellen und auch einige Fäden im Gemeinderat ziehen. Aber ab und zu massiere ich auch ein paar einflussreiche Leute bzw. deren Frauen und mit „Vitamin B“ läuft es auch in Norwegen besser als ohne. Unser Ausnahmeantrag, der bis zum Bezirk geschickt wurde, ist dann doch noch von der Gemeinde befürwortet worden und so hatten wir nach 8 Monaten endlich unser Grundstück als Baugrundstück genehmigt. Unser haus haben wir selbst entworfen und nachdem es von einer Baufirma ins Reine berechnet und gezeichnet wurde, ist es jetzt als Bauantrag bereits von der Gemeinde genehmigt.

Momentan ist der Stand so, dass wir das Grundstück soweit wie nötig planiert haben. Es mussten auch ein paar riesengroße Steine gesprengt werden, es ist mit Schotter aufgefüllt und das Isoporbankett fürs Streifenfundament steht. Im Frühling muss es mit Beton aufgefüllt werden und eine Fundamentplatte gegossen werden. Der Abwassertank ist bereits in der Erde und ebenfalls die Leitungen und Rohre, die vom Haus zum Abwassertank etc. führen. Die Auffahrt ist auch zu einem richtig schönen Schotterweg geworden, wo wir zum Schluss dann nur noch groben Kies auffüllen müssen. Insgesamt sind bis jetzt 180 t Schotter verackert worden und man sieht gar nicht viel davon. Im Mai wird dann das Haus (selbstverständlich ein Holzhaus) aufgesetzt. Wir lassen von der Baufirma die Außenwände und alle Innenwände und das Dach aufstellen, alle Fenster und Türen einsetzen und drei Räume soweit fertig machen, dass wir einziehen können. Den Rest machen wir fast alles selbst.

Ein Jahr später bauen wir dann den Carport und 2 – 3 Jahre später eine kleine Gästehütte. Jedenfalls sind das unsere Vorstellungen.

Eine richtige Werkstatt zum Tischlern und Lagern des Werkzeugs etc. hat Knut schon gebaut diesen Sommer. Er ist jetzt bei den letzten Innenarbeiten, denn das Gebäude ist voll isoliert und beheizbar, damit wir es frostfrei halten können. Die jetzige Winterzeit müssen wir für die

Planung der Inneneinrichtung und des Innenausbaus nutzen. Das alles ist natürlich furchtbar spannend und interessant und wir freuen uns schon riesig auf unser „Traumhaus“. Das kleine Blockhaus, was wir jetzt seit 2 ½ Jahren gemietet haben, ist sehr gemütlich und wir fühlen uns superwohl hier, aber es ist auf die Dauer einfach zu klein und wir haben ja auch kein Nebengelaß.

Jetzt in der Adventszeit haben wir das Häuschen mit ganz vielen Lichterketten, Schwippbögen etc. geschmückt. Es strahlt richtig Geborgenheit und Wärme aus, wenn man im Dunkeln nach Hause kommt. Das ist eigentlich das Schöne an der dunklen Jahreszeit und das ist auch der Teil, den wir genießen und natürlich die herrliche Winterlandschaft, die uns rundherum umgibt.

Mit diesem Brief wollen wir uns auch bei allen lieben Freunden, unseren Eltern und dem ganzen Krüger-Clan bedanken!! Danke, dass Ihr immer für uns da seid!! Das ist auch ein wichtiger Teil unseres „rundherum glücklich sein“ hier oben.

Wir wünschen Euch allen eine schöne Adventszeit. Wir wissen, dass es in Deutschland nicht so einfach ist, den Stress einfach mal abzuschalten für ein Weilchen, aber vielleicht gelingt es Euch ja.

 

Euch allen ein ruhiges, gemütliches, gesundes und vor allem gesegnetes Weihnachtsfest!

 

Jutta und Knut